Samstag, 9. Mai 2015

Summoner's Call - eine musikalische Analyse Teil I

Die Instrumentierung




Heute möchte ich euch auf eine kleinen Diskurs in meine alltägliche Arbeit nehmen. Ich bin Musikwissenschaftler und habe deswegen auch immer wieder mit Musikanalysen zu tun. Als Freund von Videospielen und insbesondere von League of Legends ist der Einzug von klassischer Musik, Sinfonik und Orchestern in Spiele für mich immer wieder eine große Freude. 

Das Lied "Summoner's Call" ist das bekannteste Lied in League of Legends. Meine Analyse zu diesem Stück wird sich wahrscheinlich etwas ausdehnen, deswegen habe ich mich dazu entschieden einzelne Aspekte in unterschiedlichen Beiträgen zu besprechen. Heute geht es um die Instrumentalisierung. 

Jetzt werden wahrscheinlich schon viele Leute sagen "ach ne, lass mal lieber, das wird mir zu trocken!" Ich versuche euch das aber einmal sehr anschaulich zu erklären, warum genau das ist, was mich in meiner Arbeit immer wieder so fasziniert. 

Die Instrumentalisierung ist wie folgt: 

8 Hörner (in F)
3 Trompeten (in Bb)
3 Posaunen
1 Bassposaune
1 Tuba
2 Taiko
gemischter Chor
Streicher (in variabler Besetzung, wahrscheinlich 8.7.6.4.2)

Wir haben also ein Werk für Orchester, ohne Holzbläser. Das ist schon eine Erkenntnis, die Fragen aufwirft. Mit Blechbläsern und Streichern ist die Klangverteilung sehr einseitig: Der Klang wird dunkler, als mit einem vollen Orchester. Zudem müssen die Violinen und die Frauenstimmen des Chores die Klangfärbung aufhellen. 
Das betonung von Blech-Gruppen ist eine Bewegung die vor allem im 19. Jahrhundert (Berlioz, Wagner) stattfindet. Hier wurden für den romantischen Klang die Holz-gruppen nicht weggelassen, aber das imposante der Musik wurde durch größere und auch tiefere (Bassvarianten) Blechinstrumente verstärkt. Die Tendenz zu Riesenorchestern mit über 100 Spielern wurde nur vereinzelt in ein solches Extrem gezogen. Bei "Summoner's Call" finden wir eine eher kleine Besetzung vor, von etwa 35 Spielern + Chor. 

In der Blechgruppe stechen die Hörner sehr hervor. Sie haben einen sehr durchschlagenden Charakter und stehen in einer langen Tradition. Während im Mittelalter Hörner für Alarm- oder Warnsignale verwendet wurden (damals noch basierend auf der Naturtonreihe) werden die Hörner im Verlauf der Geschichte zu einem klassischen Orchesterinstrument. Die Verwendung der Hörner als Signalinstrument bleibt zum Teil aber auch im Orchesterapparat bestehen. Wir verbinden heute noch viele musikalische Themen mit dem Posthorn oder dem Signalhorn. Die Betonung dieser Instrumente in Summoner's Call mit insgesamt 8 Hörnern zeigt auch hier eine klare Tendenz: Sie tragen das Thema!
Obwohl die Partitur eigentlich eine 8fach besetzte Horngruppe vorschreibt wird das Werk auf den World Finals der Season 2 nur mit 4 Hörnern gespielt. Die 8fache Besetzung steht zwar in der Partitur, jedoch sind nur 4 eigenständige Stimmen zu erkennen (Doppelbesetzung). Dennoch ist der "Call" der Hörner klar zu erkennen und verleiht dem Stück seinen Charakter. 
Die restlichen Bläser sind relativ standard. Die Bassposaune fügt sich größtenteils mit den anderen Posaunen zu einer Harmonie zusammen und die Tuba ergänzt den Kontrabass der Streichergruppe. 



Der andere charakteristische Aspekt des Stückes sind die Trommeln. Verwendet werden hier so genannte Taikos, große Röhrentrommeln (also keine Pauken, das sind Kesseltrommeln). Die Taiko ist ein vorwiegend chinesisches Instrument, das ebenfalls eine sehr lange Tradition in der asiatischen Musikgeschichte hat. Auch diese Instrumente wurden oft für Warnsignale verwendet. Aber auch in Klöstern und Tempeln wurden diese Trommeln als Ersatz für Glocken oder Gongs verwendet. Im alltäglichen Gebrauch wurden sie für Feldarbeit benutzt, um die Arbeiter auf einen Takt einzustimmen und die Arbeitsgeschwindigkeit zu erhöhen. Später wurden sie auch für das Militär benutzt, um die Armee einzustimmen und sich auf die Schlacht vorzubereiten. Heute kennen wir dieses Muster von den Kriegstrommeln. Interessant ist, dass wir - als Gamer - meist eine Vorstellung von "epischer" Musik haben. Dieser Eindruck wird IMMER durch den Einsatz von großen Trommeln erzielt, weil wir sie mit den Kriegstrommeln verbinden. Auf den World Finals letztes Jahr konnte man sehr eindrucksvoll das Ritual und den Trommeltanz asiatischer Musiker sehen. Der Einsatz von zwei solch traditionell aufgeladenen Instrumenten in Verbindung mit dem Marschrhythmus der Kriegstrommeln weißt einzig und allein auf ein Thema - die Schlacht. 

Als letzte Gruppe haben wir noch die Streicher, die nichts besonderes aufweisen. Größtenteils übernehmen sie die Aufgabe der Holzbläser (mit den Violinen) und zugleich durch eine chorische Besetzung die Aufgabe der Harmonisierung. 

Schauen wir aber zuletzt noch einmal auf den Chor. Wir können einen klassischen gemischten Chor (Sopran, Alt, Tenor, Bass) vorfinden. Immer wieder wird der Chor aber dazu eingesetzt das Thema der Hörner weiter zu führen. Das uns all bekannte League of Legends Thema wird über weite Strecken von dem Chor getragen. Zu meiner Überraschung allerdings mit einem lateinischen Text. 


Oh congregabit et audi te. Sicut ad propin victor explicat. Vindicibus surget omnes erit ah. Prelium multis. Ah victor omnia cadet omnes. Potentia Demacia Garen progei porro Darius manu Noxos. Inveni vitor securi Noxos potens regni. Demacia spes humina. Vindibus surget. vindibus elevabis. Omnes erit prelium multis cadet omnes, omnes victor. Multis. Cadet. Omnus. Surget. Victoria

Da ich meinen Stohwasser verlegt habe (nein eigentlich weiß ich genau wo er ist, aber leider für mich Momentan nicht erreichbar), kann ich euch diesen Text nicht genau übersetzen, aber ich bin mir sicher ihr schafft das schon alleine ;-)

Lateinische Sprache im Videospiel? Ein Stilmittel. Mehr nichts. Was soll uns das sagen?

Auch hier verbinden wir etwas ganz spezielles mit. Wir sind es gewohnt Kirchenmusik auf lateinisch zu hören. Auch mittelalterliche Musik und bis nach der Reformation war die Sprache der Musik auf Latein. Sie wirkt auf uns bis heute imposant. Auf mich wirkt sie wie der beruhigende Faktor in dem Stück. Während draußen die Kriegstrommeln und die Alarmhörner zum Kampf rufen, stehen hier drinnen die Beschwörer und singen Gebete und Zaubersprüche in der "intellektuellen" Sparche. Obwohl ich mein Latinum habe ist es mir nicht möglich dies zu entziffern und es klingt bis heute für mich wie eine überlegene Sprache zu der die Elite einen Zugang findet. Und ich glaube, genau das ist die Intention dieses Mittels. 


Ich weiß das ist vielleicht für manche etwas trocken, aber ich hoffe einfach mal, dass auch manche es sehr interessant finden. Hinterlasst mir doch einen Kommentar oder schreibt mir eine Email (5minleague@gmx.de), wie ihr solche Beiträge findet. Darüber würde ich mich sehr freuen, bis dahin!  

Mittwoch, 6. Mai 2015

Was machen wir hier eigentlich?

In vieler Hinsicht frage ich mich manchmal "Was mache ich eigentlich hier?"
Ich bin mal wieder gestorben, als ich ganz alleine für Sicht in unserem Dschungel sorgen wollte, habe meinen Hook verfehlt, das Flay danebengehauen und anstatt meine Ulti zu machen habe ich geflasht. Das sind Sachen, wo ich mich immer wieder frage "Was mache ich hier eigentlich?"
Aber eigentlich möchte ich diese Frage an mich stellen, nicht an mein Spiel. Also, was mache ich hier eigentlich?

Grundsätzlich spielen wir ein Spiel. Das ist wichtig, denn manchmal vergessen wir das. Wir wollen besser werden, gewinnen, das große Play machen. Aber es ist immer noch ein Spiel. Mit dem Einzug von dem Competitiven Spiel und dem eSports spielen die meisten für den Aufstieg. Das ist nichts neues. Schon zu Zeiten von Magic, Tetris, Pac Man, WoW und und und gab es so einen Competitiven Ansatz. Sei es Ranglisten in deiner Stadt, in denen man Turniere spielen konnte oder Highscores eintragen konnte, oder - wie in WoW - ein eingebautes PvP System. Ich kann mich noch erinnern, dass damals im Spielekontor Turniere ausgetragen wurden, damals um das Millenium herum. Spätestens mit World of Warcraft wurde das Spielen aber zum Massenphänomen. Vor 10 Jahren kam das Spiel in Europa heraus und schnell baute sich eine Spielergemeinschaft von 12 Millionen Leuten weltweit auf.
Schauen wir uns aber bei all diesen Spielen einmal die Aspekte an, so werden wir feststellen, dass das Kompetitive meistens einer von vielen Aspekten ist. Andere sind zum Beispiel das Ausbauen einer Geschichte, das Definieren eines Charakters, das Kooperative Spielen, das Rätsel lösen, Quests absolvieren oder auch die Strategie und Taktik. Der letzte Aspekt wurde verstärkt und durch ein PvP-System isoliert. Mit DotA wurde das PvP auf eine andere Stufe gehoben: Spieler gegen Spieler, ohne jegliche Bevorzugung durch vorheriges Farmen, Raiden und Traden. Jeder hat die gleichen Voraussetzungen.

Zurück zu League of Legends: Wir befinden uns zur Zeit in der 5. Saison und das Spiel ist bekannter denn jedes andere Spiel. Wenn ich in einem Spiel Joe "just call me Joe" Miller Tribut zolle und AD Hurrican Soraka spielen möchte, was mache ich dann? Spiele ich ein Spiel, so wie es mir gefällt, mit all seinen Spielregeln, die mir erlauben genau DAS zu machen, oder mache ich einen Sport? Bin ich mit einer AD Soraka der Stürmer im Fußball, der sich vor den Schiedsrichter stellt und vor ihm anfängt zu tanzen? Der Trainer im Fußball würde diesen Stürmer schnellstmöglich auf die Bank setzen, die Gruppe Jugendlicher, die für den Spaß auf dem Bolzplatz spielen würden vielleicht einfach Spaß haben.
Es ist eine Frage der Einstellung. Und auch eine Frage der Queue. Ranked ist Sport. Vollends kompetitiv! Normals sind der Bolzplatz.  Man kann gewinnen, man kann aber auch Spaß haben. Aram und Coop sind  der Spielplatz. Man will etwas ausprobieren, zwischendurch vielleicht die Rutsche benutzen und manchmal auch den Gegnern ihre Sandburg kaputt machen. Das gehört dazu.
Manchmal hilft es mir aber mir bewusst zu machen, dass ich ein Spiel spiele. Habe ich also keinen Spaß mehr, höre ich auf.